Die Geschichte der Maria-Ward-Realschule Eichstätt

Wer heute die Maria-Ward-Realschule Eichstätt besuchen möchte, findet sie – malerisch gelegen – gleich neben der Kirche St. Johannes im Eichstätter Stadtteil Rebdorf. Hier dürfen ihre Schülerinnen und Schüler seit 2014 ihre Schultage verbringen, dürfen lernen, leben, kreativ sein, Neues entdecken, werden gefordert und gefördert. Die Tradition der Schule reicht aber schon bis ins 19. Jahrhundert zurück, vieles hat sich im Laufe der Zeit verändert und angepasst, durfte wachsen und sich entfalten. Machen wir einen kleinen Streifzug durch die Schulgeschichte!

1869 - 1905

Die Geburtsstunde der Schule schlug im Jahre 1869, als der damalige Bischof Franz Leopold von Leonrod den am Residenzplatz gelegenen Dietrichstein-Hof für 16.000 Gulden kaufte. Dieser war bereits von Gabriel de Gabrieli umgebaut worden und beherbergte seinerzeit die Gastwirtschaft zu den „Drei Mohren“. Der Bischof sah in dem prächtigen Gebäude den idealen Standort für sein Vorhaben, eine „Höhere Schule“ für Mädchen zu errichten. Hierzu holte er die „Englischen Fräulein“ nach Eichstätt, deren erzieherische Arbeit an Mädchen er bereits seit seiner Zeit in Bad Reichenhall schätzte. Nach viel Überzeugungsarbeit und zähen Verhandlungen mit dem Eichstätter Magistrat (Stadtrat), der zunächst keine Notwendigkeit darin sah, Mädchen zur Schule zu schicken, war es dann so weit: Am 16. Mai 1869 startete die Schule mit 10 Schülerinnen!

Schon im Oktober des gleichen Jahres erweiterte die Schule ihr Bildungsangebot mit einem Mädchenpensionat für „höhere Töchter“. Gelehrt wurde nach den damaligen Richtlinien einer Volksschule, wobei die Schulzeit um weitere drei Jahre verlängert wurde, um den Mädchen eine umfassende Ausbildung zu ermöglichen. Auf dem Lehrplan standen dabei vor allem Handarbeit, Malen und Zeichnen, Musik und Fremdsprachen. Kreativ und einfallsreich waren die Schülerinnen schon damals: 1871 schenkten sie der Oberin Schwester Cölestine eine prächtig geschmückte Kuh zum Namenstag!

In den folgenden Jahren wuchs die Schule zusehends, was sich auch optisch bemerkbar machte. 1883 kauften die Englischen Fräulein das westlich angrenzende Gebäude und ließen dort einen Neubau errichten, gleichzeitig wurde ein Geschoss obenauf gesetzt. Eine Lehrerinnenbildungsanstalt sorgte ab 1899 für die Ausbildung des vorwiegend klösterlichen Nachwuchses zu Lehrerinnen und Erzieherinnen.

 

1905 - 1938

1905 wurde die Schule umfassend saniert und zu einem funktionellen Schulgebäude mit neuen Klassenräumen, einem Turnsaal und einer Jugendstil-Aula umgebaut.

Die Arbeit der Englischen Fräulein trug viele Früchte. Sie genossen einen ausgezeichneten Ruf in und um Eichstätt, die Schule wuchs und entwickelte sich weiter. Aus der sechsklassigen „Höheren Töchterschule“ wurde das „Mädchenlyzeum“. Daneben gab es auch die dreiklassige „Haustöchterschule“ mit dem Schwerpunkt Hauswirtschaft. Die Schwestern, ganz im Geist ihrer Gründerin Mary Ward unterwegs, widmeten sich mit ganzer Leidenschaft der Bildung und Erziehung der Mädchen, sie leiteten das Mädchenpensionat und waren darüber hinaus in der Landwirtschaft tätig. Als Pionierinnen des modernen Realschulwesens nahmen sie in der bayerischen Bildungspolitik einen herausragenden Platz ein. 94 Schwestern leisteten um das Jahr 1938 ihren Dienst zum Wohl ihrer Schülerinnen, als die Schule von der NS-Regierung geschlossen wurde.

1938 - 1945

Nach der Schließung der Schule durch die NS-Regierung übernahm die Städtische Mädchenoberschule vorrübergehend die Räumlichkeiten. Im Jahre 1941 wurde die Schule komplett geschlossen.
Den Maria-Ward-Schwestern wurde die Lehrerlaubnis entzogen, sie waren während des Krieges mit Ausbesserungsarbeiten von Soldatenkleidung und mit Büroarbeiten im Ordinariat beschäftigt. Auch kümmerten sie sich um Menschen, die in dem leerstehenden Gebäude Zuflucht fanden: Theologiestudenten, deutsche Flüchtlinge aus Bessarabien, Slowenier und Estländer. Gegen Ende des Krieges versorgten die Schwestern Kriegsversehrte, hierzu wurde die Schule zum Lazarett umfunktioniert.

1946 - 1990

Bereits 1946 öffnete die Schule wieder für rund 100 Schülerinnen in drei Klassen ihre Pforten, die Schwestern nahmen ihren Dienst auf, auch das Pensionat konnte bald wieder in Betrieb genommen werden. Die Zahl der Schülerinnen stieg in den Nachkriegsjahren unaufhaltsam und kontinuierlich an. Berühmt-berüchtigt unter den Eichstätter Burschen war die strenge Führung des Wohnheims, die es den Mädchen nicht gestattete, ohne Erlaubnis in die Stadt zu gehen, geschweige denn einen Tanzkurs zu absolvieren.

Ab 1962 wurde die Realschule vierstufig. Viele Erweiterungen und Modernisierungen des Schulgebäudes folgten, neue Räume entstanden, das Gebäude passte sich den Anforderungen an eine moderne Schule an. Eng wurde es, als zwischen 1971 und 1981 auch die Fachschule für Sozialpädagogik (heute: Fachakademie für Sozialpädagogik) ins Schulgebäude einzog, was wiederum zu Erweiterungen, zum Bau der neuen Sporthalle an der Stadtmauer und zur Neugestaltung des Schulhofs führte.

1990 - 2009

Ein wichtiger Umbruch war 1990/91 die Übernahme der Trägerschaft der Schule durch die Diözese Eichstätt, da auch die Maria-Ward-Schwestern Nachwuchssorgen bekamen und den Schulbetrieb alleine nicht mehr aufrecht erhalten konnten. Im Jahre 2002 übergaben schließlich die beiden Schulleiterinnen, Sr. Raingard Mayer und Sr. Lioba Wackerbauer, nach vielen verdienstvollen Jahren ihre Ämter an Hanspeter Kleinhans und Heribert Kaiser. Obwohl beide auch in den Folgejahren noch aktiv in der Schule tätig waren – in der Nachmittagsbetreuung, in der Schülernachhilfe und der Schulbücherei – ging mit dem Wechsel der Schulleitung in weltliche Hände eine Ära zu Ende. Der Tradition und dem Geist Mary Wards fühlte und fühlt sich die Schule aber weiterhin eng verbunden!

2009 - 2014

Das Schuljahr 2009/2010 brachte eine weitreichende Neuausrichtung der Maria-Ward-Schule mit sich, als Prof. Dr. Barbara Staudigl die Schulleitung übernahm und eine reformpädagogische Umstrukturierung der Schule nach Maßgabe des Marchthaler Planes einführte. Morgenkreise, Freie Stillarbeit, Freie Studien und Vernetzter Unterricht sind tragende Säulen eines ganzheitlichen und am christlichen Menschenbild orientierten Unterrichtskonzepts. Seit der Einführung dürfen auch Jungs die Ganztagsklassen, die sogenannten „Marchthal-Klassen“ besuchen.

ab 2014

Überlegungen der Diözese Eichstätt, die Schulträger sowohl der Maria-Ward-Realschule als auch der Knabenrealschule Rebdorf ist, führten dazu, dass die beiden Schulen an einem Schulstandort zusammengeführt, aber als eigenständige Schulen erhalten werden sollten. Als Ort bot sich das ehemalige Augustiner-Chorherrenstift Rebdorf an. Dort wirkten seit 1958 die Herz-Jesu-Missionare, unter deren Leitung die Knabenrealschule Rebdorf bis zur Übernahme durch die Diözese Eichstätt stand. Auch das Areal ging auf die Diözese über – Platz genug für ein neues Realschulzentrum. Nach umfangreichen und langwierigen Bauarbeiten erfolgte der Umzug der Maria-Ward-Realschule vom Residenzplatz nach Rebdorf im Sommer 2014. Neben den neugestalteten historischen Innenhöfen und den sanierten ehemaligen Konventgebäuden, ausgestattet mit modernsten Klassen- und Verwaltungstrakten, entstanden eine zentrale Bushaltestelle mit darunter liegendem Archiv, eine großzügige Mensa und eine moderne Dreifachturnhalle.

Das Gebäude am Residenzplatz blieb nicht lange leer stehen. Bischof Gregor Maria Hanke stellte die Räume ab Oktober 2014 als Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge zur Verfügung. In der Betreuung der Kinder fanden auch die Maria-Ward-Schwestern eine neue, sinnvolle Aufgabe. Diese Kinder waren es auch, die 2015/16 in der Maria-Ward-Realschule in Rebdorf in einer „Willkommens-Klasse“ unterrichtet wurden, bis der Freistaat Bayern diese Aufgabe übernahm.

Nach wie vor fühlt sich die Maria-Ward-Realschule ihrer Namensgeberin Mary Ward und den Schwestern der „Congregatio Jesu“ (ehemals „Englische Fräulein) tief verbunden. In den über 150 Jahren Schulgeschichte hat sich die Schule immer weiter entwickelt, ist nie stehen geblieben, sie durfte wachsen und sich entfalten. Die Worte Mary Wards scheinen durch diese lange Entwicklung hindurch:

„Du findest den Weg nur, wenn du dich auf den Weg machst.“

Im Vertrauen darauf, dass Mary Wards Geist weiterhin spürbar ist, schaut die Schule dankbar auf ihre Wurzeln zurück und geht mutig ihrer Zukunft entgegen – zum Wohl der ihr anvertrauten jungen Menschen.